Knapper geht’s nicht mehr: STORM verpasst Riesen-Sensation gegen Heidenheim um einen Pitch

Es wäre größtmögliche Überraschung in dieser ohnehin ereignisreichen Saison gewesen: Als einziger Aufsteiger die einzige kurz vor Ende der Hinrunde immer noch ungeschlagene Mannschaft der Bundesliga zu bezwingen. Im Heimspiel gegen Heidenheim nahm STORM eine 3:2-Führung mit ins letzte Inning, ehe die Heideköpfe bei der allerletzten Gelegenheit – 2 Aus, 2 Strikes – den Kopf aus der Schlinge zogen.

Aufsteiger gegen ungeschlagenen Tabellenführer – die Ausgangssituation für die beiden Heimspiele gegen Heidenheim war klar. Mehr noch sprechen vier Deutsche Meistertitel in den letzten sechs Jahren eine klare Sprache: Die Heideköpfe sind die ultimative Baseball-Maschine Deutschlands. Zwei Niederlagen zum Abschluss der Hinrunde waren also im Prinzip schon von Anfang an eingepreist. Umgekehrt hatten die frischgebackenen Hünstetter Bundesliga-Baseballer nichts zu verlieren. Und außerdem hat STORM in seiner ersten Saison schon mehr als einmal gezeigt, dass man es mit den Etablierten aufnehmen kann: Extra Innings in Regensburg, unentschieden bis ins letzte Inning gegen die Mainz Athletics – ein bisschen Glück hier und da und man könnte zur Halbzeit auf einem einigermaßen gefestigten Playoff-Platz stehen. Trotzdem durfte man getrost davon ausgehen, dass Heidenheim in dieser ersten Bundesliga-Saison sicher noch eine Nummer zu groß ist.

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Heidenheim Heideköpfe1000102452
Hünstetten STORM1002000341
W: Sven Schüller (3-0)     L: Phil Meyer (0-1)     S: –

STORM konnte also ohne Druck und ergebnisoffen ins Spiel gehen – einfach mal schauen, wie es so läuft. Starting Pitcher für Spiel 1 war Jose Pimentel, der nach einigen Kontrollproblemen zu Saisonbeginn von Woche zu Woche immer bessere Leistungen abliefert. Nun stand ihm mit dem Lineup der Heideköpfe die größte Herausforderung gegenüber, die der deutsche Baseball einem Pitcher zu bieten hat. Für Heidenheim begann Mike Bolsenbroek – eine Bundesliga-Legende. Der Zwei-Meter-Mann aus den Niederlanden hat acht Jahre für die Regensburg Legionäre gespielt und steht seit 2019 in Diensten der Heideköpfe. In diesen zwölf Jahren ist Bolsenbroek achtmal Deutscher Meister geworden und wurde dreimal als bester Pitcher der Bundesliga ausgezeichnet. Auch im laufenden Jahr zählt zu den Top 3-Pitchern.

Das erste Inning begann Heidenheim gleich mit zwei Baserunnern: Konstantin Holl mit einem Walk und Gary Owens per Single. Beide stahlen jeweils danach die zweite Base, sodass sich Pimentel gleich mal mit zwei Läufern in Scoring Position ohne Aus konfrontiert sah. Doch er kam mit einem Strikeout gegen Shawn Larry zurück und musste dann nur einen Punkt durch den Sacrifice Fly von William Germaine zulassen. Doch auch STORM konnte gegen Bolsenbroek früh einen Erfolg verbuchen: Vicente Velazquez gelang ein Leadoff-Single und Marcel Felsmann beförderte ihn per Sacrifice Bunt an die zweite Base. Joshua Harrison glich das Spiel dann per RBI-Double aus. Leider wurde er kurz darauf per Pickoff von der zweiten Base geholt und die Chance auf die Führung für die Hünstetter Gastgeber so vereitelt.

Ab dem zweiten Inning hatten dann beide Pitcher das Geschehen fest im Griff. Das änderte sich erst im vierten Inning, als die Feldverteidigung der Heideköpfe sich gleich zwei Fehler erlaubte. Der erste schenkte dem schon aus geglaubten Matt McElroy die erste Base, währen der zuvor per Walk dorthin gelangten Victor Velazquez auf das zweite Kissen vorrückte. Rob Vondy schlug anschließend einen Ground Ball, mit dem Heidenheim das Inning per Double Play hätte beenden können, doch der Wurf von Maurice Montgomery an die zweite Base ging daran vorbei ins Leftfield. Victor Velazquez konnte die sensationelle Führung für STORM erlaufen und McElroy kam bis an die dritte Base. Ian Hardman gelang anschließend auch nur ein Groundball zum Shortstop. Doch er war schnell genug an der ersten Base, um das Double Play zu verhindern, und McElroy erhöhte auf 3:1.

Im fünften Inning konterte Holl mit einem Solo-Homerun, der die Führung wieder auf 3:2 verkürzte. Doch abgesehen davon beendete Pimentel auch das fünfte Inning seines bärenstarken Auftritts (5 IP, 2 R (2 ER), 3 H, 4 BB, 6 K) souverän.

Zum sechsten Inning brachten beide Mannschaften einen frischen Arm: Für STORM ging Phil Meyer auf den Hügel, bei Heidenheim übernahm Sven Schüller. Letzterer hat sechs Jahre Profi-Erfahrung bei den Los Angeles Dodgers gesammelt und ist der erste deutsche Pitcher, der es bis auf AAA-Niveau geschafft hat. In jenem sechsten Inning hielten sich beide Werfer schadlos.

Und so ging es beim Stand von 3:2 für Hünstetten in siebte (und – da Double Header – letzte) Inning. Auf dem Dickman Field knisterte förmlich die Luft. Noch drei Aus bis zur ultimativen Riesen-Sensation. Meyer gab zu Beginn einen Walk an Montgomery ab. Die Heideköpfe kämpften um den Ausgleich. Simon Liedtke opferte sich per Bunt, um seinem Teamkameraden an die zweite Base zu helfen. Als nächstes war Holl an der Reihe, der zuvor schon einen Homerun geschlagen hatte. Doch Meyer blieb cool und holte sich ein wichtiges Strikeout. Nur noch ein Aus fehlte zum Sieg. Heidenheim hoffte nun mit Owens auf einen der besten Schlagleute der Bundesliga. Im Duell gegen ihn erarbeitete Meyer sich schnell einen Vorteil – ein Ball und zwei Strikes. Der nächste Pitch geriet ihm vielleicht einen Zentimeter höher als beabsichtigt – und Owens hämmert ihn postwendend über den Zaun im Rightfield. Homerun! Montgomery und Owens traben nacheinander über die Homeplate und drehen das Spiel auf 4:3.

Bei Mayer war nun die Luft raus. Harrison pitchte das letzte Aus und wahrte STORM so die Chance, im letzten Schlagdurchgang mit nur einem Punkt noch ausgleichen zu können und so die Verlängerung zu erzwingen. Doch Ex-Profi Schüller machte kurzen Prozess und sicherte seinem Team den Last-Minute-Sieg.

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Heidenheim Heideköpfe200500512152
Hünstetten STORM0000000082
W: Jared Mortensen (3-0)     L: Ian Hardman (1-2)     S: Konstantin Schiele (1)

Spiel 2 durfte erstmals wieder Ian Hardmann auf dem Pitching Mound beginnen. Nach seinen schwachen Starts in Regensburg und gegen Stuttgart (insgesamt neun Runs und elf Walks in nur drei Innings) hatte er gegen Mannheim eine Auszeit bekommen und sich eine Woche später mit einem Kurzeinsatz gegen Mainz wieder das Vertrauen von Manager Lionel Chattelle erarbeitet. Für Heidenheim begann mit dem Kanada-Import Jared Mortensen ebenfalls der etatmäßige Spiel 2-Pitcher.

Die Heideköpfe wurden ihrem Ruf nun endgültig gerecht: Mit vier Hits und einem Walk brannten sie im ersten Inning schon ein kleines Feuerwerk ab. Darunter war ein Homerun von Germaine, der die Gäste 2:0 in Führung brachte. Hardman kam angesichts dieser Offensiv-Gewalt noch einigermaßen glimpflich aus dem Inning. Über die nächsten beiden Innings konnte er Hünstetten auch im Spiel halten. Im dritten Inning verpasste STORM dabei eine Chance zum Ausgleich: Oliver Jochum (Single) und Vicente Velazquez (Double) starteten eine 2-Out-Rallye, doch Meyer konnte leider nicht anschließen.

Im vierten Inning konnte Heidenheim nach einem Walk für Liedtke und einem RBI-Double von Holl noch einen Run drauflegen, der einen soliden Arbeitstag für Hardman beendete. Dave Paradela folgte ihm auf den Hügel. Doch auf ihn hatten sich die Heideköpfe sofort eingeschwungen. Nach Singles von Owens und Larry schlug Germaine zum zweiten Mal in seinem zweiten At-Bat einen Homerun und schon stand es 7:0 für die Gäste.

Ab dem fünften Inning durfte Yannik Kiss für STORM werfen. Zwei saubere Innings gegen das glänzend aufgelegte Heidenheimer Lineup dürfen dabei als eine mehr als solide Leistung gelten. Im siebten Inning gab er dann mit einem Aus und nach Single und einem Walk an Harrison ab. Der begann mit einem Walk, kam aber mit einem Strikeout wieder zurück. Nur ein Aus hätte noch gefehlt, um den letzten Offensivdurchgang der Heideköpfe zu beenden. Doch dann waren einmal mehr die stärksten Schlagleute an der Reihe. Larry, Germaine mit back-to-back Doubles und nach ihnen noch Montgomery mit einem Single schraubten das Ergebnis kurz vor Schluss noch auf 12:0 hoch.

Da auf Seiten der Gäste der für die letzten beiden Innings eingewechselte Pitcher Konstantin Schiele die STORM-Hitter trotz zweier weiterer Hits auch im letzten Inning im Griff behielt, endete das Spiel „zu null“. Den Sieg hatte Heidenheim sich redlich verdient, auch wenn das Resultat angesichts von acht Hits für die Hünstetter doch deutlich zu hoch ausfiel. Neben all den beeindruckenden Leistungen der Gäste sind auf Seitens STORMs auch McElroys drei Hits in drei At-Bats erwähnenswert.

Schon wieder hinterlässt der Spieltag Hünstetten also mit gemischten Gefühlen. Einerseits war mit nichts anderem als zwei Niederlagen zu rechnen und der Beinahe-Sieg in Spiel 1 ist vor diesem Hintergrund ein weiterer großer Achtungserfolg. Anderseits wird kaum jemand die unheimliche Enttäuschung verhehlen können, den Sieg nicht über die Zeit gebracht zu haben. Damit reiht sich der letzte Hinrunden-Spieltag in eine ganze Reihe von bittersüßen Erfahrungen ein, die das junge Aufsteiger-Team gegen so ziemlich jedes der Bundesliga-Top-Teams machen musste. Jede Woche waren sie noch ein Stückchen näher dran an den Arrivierten und am Playoff-Rennen – nur, um noch kürzer vor dem Ziel wieder abgefangen zu werden.

Allerdings lässt sich bei vielen der jungen Talente im Team eine ansteigende Leistungskurve feststellen. Dass man direkt im ersten Spiel nach dem Abgang von Outfield-Star Justin Byrd nach Mexiko mit dem Ligaprimus mithalten konnte, ist wahrscheinlich zu einem großen Teil der starken Arbeit von Lionel Chattelle gerade mit den jungen Eigengewächsen zu verdanken. Schließlich müssen sie sich in ihrem ersten Bundesliga-Jahr an ein ganz anderes Niveau gewöhnen, als sie es aus der zweiten Liga und dem Junioren-Spielbetrieb kennen.

Zum Ende der Hinrunde steht für STORM ein gefestigter fünfter Tabellenplatz zu Buche. Zwar kann Mannheim theoretisch noch aufschließen, müsste dazu aber noch alle drei ausstehenden Partien gewinnen. Da die Tornados noch einmal auf Heidenheim und zweimal auf Regensburg treffen, ist damit aber kaum zu rechnen.

Trotz der zahlreichen verpassten Chancen gegen die besser platzierten Teams sind die Hünstetter dank der Doppelsiege gegen die beiden direkten Konkurrenten im Abstiegskampf voll auf Kurs zum Klassenerhalt. Allerdings wird man diese Leistungen gerade in den kritischen Rückspielen gegen die München-Haar Disciples und die Mannheim Tornados bestätigen müssen, um sich tatsächlich aus dem Gröbsten raushalten zu können. Wenn sich die Entwicklung der letzten Wochen fortsetzt, könnte STORM vielleicht auch noch ein Wörtchen um die Playoffs mitreden. Was sich vor der Saison sicher noch niemand vorzustellen wagte, scheint zumindest möglich. Ein Platz unter den Top 4 wäre für die Aufsteiger aber sicher nur noch die Kirsche auf der Sahnehaube. Vorher gilt es vor allem anderen, noch möglichst viel Boden auf die Relegationszone gut zu machen.

Während der Rest der Liga die Hinrunde noch beenden muss – inklusive einiger Nachholpartien für die vielen regenbedingten Absagen Anfang April – fahren die Hünstetter am kommenden Samstag schon zum Rückrundenauftakt nach München. Gegen die Disciples gab es am Opening Day auf dem Dickman Field zwei völlig unerwartete Siege. Von ihren folgenden zehn Spielen haben sie allerdings – genau wie STORM – nur zwei gewinnen können, sodass sich ein klares Bild ergibt: Mit einem Doppelsieg zuhause könnten die Münchener wieder aufschließen. Umgekehrt würde Hünstetten mit zwei Auswärtserfolgen schon eine kleine Vorentscheidung im Abstiegskampf forcieren. Sollte man sich die Siege teilen, bleibt alles beim Status Quo – womit man im Taunus sicher besser leben könnte als in der bayerischen Metropole.